
Die Luzerner Barockmalerin Anna Maria Barbara Abesch (1706-1773) hat die Kunst der Hinterglasmalerei perfektioniert wie niemand anderes zu ihrer Zeit. Ihre Gemälde zeigen zumeist biblische Szenen in barocker Opulenz und mit grossem Figurenreichtum. Eines der wohl bemerkenswertesten Gemälde unter Abeschs gesicherten Werken findet sich im Stiftsschatz von St. Leodegar im Hof in Luzern. Mit ausladenden barocken Rocaillenschnitzereien umfangen, bildet das 1741 entstandene Gemälde "Die Heilige Dreifaltigkeit" von stattlichem Format den Aufbau eines Reliquiars mit drei Kammern.

Der Betrachter erhält einen Blick in den Himmel auf die Heilige Dreifaltigkeit: In der Bildmitte sind drei Thronsessel platziert. Im mittleren sitzt Gottvater. Zu seiner Linken der Heilige Geist in Menschengestalt, eine Taube haltend. Der Thron zu Gottes Rechten ist noch leer. Er ist für Jesus Christus vorgesehen, der in diesem Moment noch auf Erden wirkt und erst nach seiner Himmelfahrt hier Platz nehmen wird. Am linken Rand musiziert ein vielköpfiges Engelsorchester, gegenüber ist eine ebenso grosse Schar an singenden Engeln.

Was das Gemälde erst richtig besonders macht, ist die Tatsache, dass Gottvater das einzige männliche Wesen innerhalb dieser Szenerie ist. Sämtliche Engel sind weiblich, und auch der personifizierte Heilige Geist erscheint als Frauengestalt. Erst nach Ankunft vom Gottessohn würde immerhin eine zweite Männerfigur präsent.
Abesch gibt hier den Himmel als einen von Frauen dominierten Ort wieder. Mit der weiblichen Heilig-Geist-Gestalt gibt Abesch der Trinität eine prominente weibliche Dimension. Die Künstlerin hält damit an einer in der hebräischen Bibel begründeten Tradition fest, den Heiligen Geist mit weiblich konnotierten Bildern darzustellen. Später wechselte dieser Usus vorübergehend zu einer geschlechtsneutralen Symbolik, bevor schliesslich DER – maskuline – Heilige Geist Einzug hielt, was sich bis heute hält. Und doch: Es gibt Vertreterinnen und Vertreter der Kirche, welche im Spiritus Sanctus das Element der Mutter sehen, wodurch die Dreifaltigkeit eine Art Inbild der Familie mit Vater, Mutter und Sohn wird.

Das hier beschriebene, herrliche Gemälde von Anna Maria Barbara Abesch war lange hinter Türen der alten Schatzkammer in der Hofkirche verschlossen, war angelaufen und eingestaubt. Als die Schatzkammer vor wenigen Jahren ein "Facelifting" erhalten hat und neu geordnet worden ist, wurde auch das Abesch-Gemälde aufbereitet und ist nun im Rahmen von öffentlichen Führungen zu besichtigen. Informationen unter www.luzern-kirchenschatz.org
Comentários