Pauly auf dem Bohlgutsch
- Andreas

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(Artikel aus der "Zuger Zeitung" vom 6. Dezember 2025 von Andreas Faessler)
Ein deutscher Maler machte Mitte des 19. Jahrhunderts Halt in Zug. Vom Hang oberhalb der Stadt hielt er Pfarrkirche, Kloster und See auf Leinwand fest – ein Anblick, den es so schon lange nicht mehr gibt.

Qualitätvolle Veduten der Stadt Zug und ihrer Umgebung aus dem 19. Jahrhundert sind vergleichsweise selten. Die Elite der Malerei zog es damals auf ihren Schweizer Kunstreisen tiefer ins Gebirge. So auch den deutschen Landschaftsmaler Franz Pauly (1837–1913), der seine Motive mit Vorliebe um den Vierwaldstättersee gesucht hat. Mindestens einmal jedoch hat er auf einer seiner Exkursionen in die Urschweiz in Zug eine Pause eingelegt – und muss dabei auf dem Bohlgutsch von der Aussicht so angetan gewesen sein, dass er das Panorama auf Leinwand festhielt. Wann genau dieses Gemälde entstanden ist, bleibt ungewiss. Doch ist davon auszugehen, dass es in die Zeit vor 1870 zu datieren ist, da der aus dem rheinland-pfälzischen Sankt Aldegund stammende Pauly im Jahre 1871 die Malerei als Hauptbeschäftigung aufgab und Winzer an der Mosel wurde.
Die gelungene Ansicht ist aus kulturhistorischer Sicht sehr aufschlussreich: Sie vermittelt eine Idee davon, wie das Gebiet um die alte Zuger Pfarrkirche St. Michael Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesehen haben dürfte. Vom heute dicht bebauten Bohlgutsch fällt der Blick über die Dächer zweier alter Bauernhäuser direkt auf das Kloster Maria Opferung in seiner damaligen Gestalt und die alte Kirche mit ihrem charakteristischen Käsbissenturm.
Die gelungene Ansicht ist aus kulturhistorischer Sicht sehr aufschlussreich: Sie vermittelt eine Idee davon, wie das Gebiet um die alte Zuger Pfarrkirche St. Michael Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesehen haben dürfte. Vom heute dicht bebauten Bohlgutsch fällt der Blick über die Dächer zweier alter Bauernhäuser direkt auf das Kloster Maria Opferung in seiner damaligen Gestalt und die alte Kirche mit ihrem charakteristischen Käsbissenturm.
Blick auf Zugs religiöses Zentrum
Mit dem Kloster Maria Opferung und der alten Pfarrkirche St. Michael rückt Franz Pauly zwei für die Stadtgeschichte bedeutende Bauzeugen in den Fokus. Sie stehen an einem Ort, der sich über Jahrhunderte zum religiösen Zentrum der Stadt Zug entwickelt hat. Bereits im frühen Mittelalter ist hier ein Heiligtum ausserhalb der damaligen Siedlung bezeugt, was uns einen Hinweis auf ein sehr frühes kirchliches Zentrum gibt. Ab 1360 entstand an derselben Stelle die gotische Pfarrkirche St. Michael, die bis zu ihrem Abriss 1898 das Gebiet dominierte.
Schon vor dem Bau der Kirche, ab 1309, hatte sich hier eine geistliche Gemeinschaft aus Beginen und Begarden gebildet, von den Einheimischen als die «Guotten Lutte bey St. Michael» bezeichnet. Nachdem die Begarden weggezogen und ausschliesslich die Schwestern verblieben waren, formierten diese sich 1550 zu Franziskaner-Terziarinnen und lebten ab 1611 nach der Regel der Kapuzinerinnen. Mit dem Wachstum des Ordens entstand nördlich der Pfarrkirche und deren Friedhofes eine Klosterkirche mit Konventgebäuden; 1635 wurde die Kirche Mariae Opferung geweiht. Über Jahrhunderte prägte das zurückgezogene, kontemplative Leben der Kapuzinerinnen den Ort.
Ein Zeitzeuge in Öl auf Leinwand
Die schleichende Überalterung hat 2021 zur Auflösung des Ordens geführt. Dennoch blieb das spirituelle Erbe lebendig: Nach der Sanierung der Gebäude zog die Gemeinschaft Anima Una ein, die den Ort erneut zu einem aktiven religiösen Zentrum machte. Während die mittelalterliche Pfarrkirche seit fast 130 Jahren aus dem Stadtbild verschwunden ist, haben die Klostergebäude die Zeit überdauert.
Heute präsentiert sich einem auf dem Bohlgutsch freilich eine andere Sicht – die Stadt hat sich das einst bäuerlich-ländliche Gebiet am Hang schon lange einverleibt. So bleibt Franz Paulys Zug-Panorama ein kostbares Zeugnis aus einer Zeit, in der die Fotografie noch in ihren Anfängen stand. Wo das Gemälde – es misst stattliche 66 mal 100 Zentimeter – verblieben ist, ist unbekannt. Es hat im Jahr 2017 in einer Luzerner Auktion einen neuen Besitzer gefunden.





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