Von Joseph Lanner (1801-1843), dem hochverdienten "Erfinder des Wiener Walzers" existieren – abgesehen von einigen Lithografien – nur wenige authentische Bildnisse. Meistens sind es historisierende Zeichnungen oder auch Karikaturen, die eine Idee vermitteln, wie der Wiener Komponist ausgesehen haben mag. Das Historische Museum der Stadt Wien ist im Besitz eines der wenigen Ölgemälde (Inventarnummer 138.376), auf welchem Joseph Lanner "offiziell" porträtiert ist. Gemalt hat das grossformatige Bildnis ein gewisser Philipp Steidler ca. um 1840. Es ist ein sehr gekonnt ausgeführtes Werk in der typischen Manier der Zeit. Bedeutende Persönlichkeiten wurden oft mit einem repräsentativen Möbelstück vor einem Hintergrund abgebildet, der vom Hauptmotiv – der Person – nicht ablenkt. Meist steht die Porträtierte Person vor einem fein drapierten Vorhang, wie es auch hier der Fall ist.
Lanner scheint von wohlproportionierter Postur gewesen zu sein, er blickt dem Betrachter direkt in die Augen. Auch auf Steidlers Gemälde trägt Lanner eine charakteristische Frisur mit Wiedererkennungswert. Seine Linke ruht auf der Kante eines barocken Tisches. Auf diesem liegen seine Geige mit Bogen und ein Stapel Musiknoten. In seiner Rechten hält Lanner ein gerolltes Notenblatt. Der Porträtierte ist undekoriert dargestellt, trägt einen schwarzen Frack, darunter eine rote Weste sowie ein weisses Hemd. Es ist wohl seine Dirigentenkleidung.
Bemerkenswert ist, dass über den technisch offenbar versierten Maler so gut wie gar nichts nachzulesen ist. Steidlers Name taucht ausschliesslich im Zusammenhang mit dem Lanner-Porträt auf. Andere Werke von ihm sind nicht bekannt. Wer war dieser Porträtist, welcher den unvergleichlichen Komponisten so treffend und vermutlich authentisch auf Leinwand gebannt hat? Der österreichische Historiker Thomas Aigner vermutet, dass das vorliegende Gemälde im Kontext mit Lanners Wirken am Wiener Hof entstanden ist. Joseph Lanner als wegweisendem Komponist ist in jüngerer Zeit etwas mehr Aufmerksamkeit zuteil geworden, nachdem er viele Jahrzehnte zu Unrecht in Vergessenheit geraten war. Eine ausführliche Lanner-Biografie ist hier zu finden.
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