Eine interessante Darstellung, deren Einordnung sicht nicht ganz einfach gestaltet. Abgebildet ist dem Anschein nach eine weibliche Heilige. Sie hält in ihrer rechten, angehobenen Hand einen Stab, in ihrer linken hält sie zwei überdimensionierte Schlüssel. Letztere sind prinzipiell das eindeutige Attribut des Apostels Petrus. Einzig bei der heiligen Zita kommen Schlüssel als Attribut vor, jedoch traditionell nicht in dieser Grösse.
 
Die Figur mit angedeutetem Nimbus trägt im Gesicht klar weibliche Züge, auch die Haare sind untypisch für einen Mann. Und von Petrus existieren kaum Darstellungen, die ihn jung und ohne Bart zeigen. Ob es sich hier nun um eine Apostelfigur handelt oder um eine – vielleicht regional verehrte – Patronin, sei dahingestellt.
 
Stilistisch lässt sich die Rötelzeichnung mit grosser Wahrscheinlichkeit nach Italien verorten, und da vermutlich nach Rom. Der hochbarocke Stil auf handgeschöpftem Papier spricht für eine Entstehung Mitte des 17. Jahrhunderts. Die tendenziell weiche barocke Ausmodellierung der Kleidung lässt das Blatt stilistisch in den Umkreis oder mindestdens den Einflussbereich der Werkstatt von Ercole Ferrata rücken, von wo zahlreiche Rötelstudien ähnlicher Art bekannt sind. Der mit ausgeführte gestufte Sockel spricht für eine Bildhauer-Werkstattstudie, sprich für einen Entwurf, nach dem eine marmorne Skulptur oder Nischenfigur entstehen sollte.
 
Die sichtbaren Gebrauchsspuren an der Papieroberfläche, die Mittelfaltung wie auch die drei Löcher bestärken die Vermutung, dass das Blatt in einem Atelier mehrfache Verwendung gefunden haben dürfte. So wäre dies weniger als Mangel als vielmehr Teil der Geschichte des Blattes zu deuten. Das obere Viertel der Studie ist rückseitig alt verstärkt, was diese Vermutung zusätzlich stützt.
 
Zustand wie gesehen mit erwähnten Gebrauchsspuren, am oberen Rand montiert auf einem stabileren Trägerblatt.
 
Masse Studie: 21x10,5cm
Mase total: 32x22cm

Provenienz:
– Namhafte Privatsammlung Bern
– Schweizer Kunsthandel