(Artikel aus der "Zuger Zeitung" vom 4. März 2023 von Andreas Faessler)
An dieser Stelle war in den vergangenen Jahren wiederholt von Fritz Kunz (1868–1947) zu lesen, der als einer der einflussreichsten Schweizer Kirchenmaler des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingegangen ist. Der gebürtige Einsiedler hat ab 1919 bis zu seinem Lebensende in Zug gelebt. Sein Grab liegt auf dem Friedhof St.Michael. Kunz war insbesondere bekannt für die Monumentalität seiner Kirchenmalereien, von denen zwei der prestigeträchtigsten Auftragsarbeiten in der Stadt Zürich zu finden sind: die Chorausmalung plus ein Gemäldezyklus in der Liebfrauenkirche und ein 200 Quadratmeter grosses Chorfresko in der Antonskirche.
Um ein weiteres Riesenwerk zu erleben, welches in Stil und Komposition an letzteres anknüpft, brauchen wir bloss ein paar Steinwürfe über die Grenze von Kunz’ Wahlheimatkanton Zug zu schauen: Für die 1933/1934 vom Schwyzer Architekten Josef Steiner erbaute Pfarrkirche St.Sebastian in Immensee wurde Fritz Kunz im Jahr nach Fertigstellung mit der Ausmalung der Apsis beauftragt. Das flächendeckende Fresko mit stark akzentuierter Farbgebung zeigt auf gelbem Grund die Heilige Dreifaltigkeit in der Vertikale in Kombination mit den 14 Nothelfern in der Horizontale.
Alles bekrönend, prangt am oberen Rand das Auge Gottes. Darunter sitzt Christus Pantokrator (Weltenherrscher) im Strahlenkranz – nahezu analog zur Darstellung in der Zürcher Antonskirche. Über dem Tabernakel schwebt die Heiliggeisttaube. Links und rechts vom Pantokrator bildet Fritz Kunz die beiden Kirchenpatrone Sebastian und Wendelin in Engelsbegleitung ab. Am unteren Rand der Apsismalerei reihen sich die 14 Nothelfer. Sie sind ein Ergebnis des im Mittelalter stark gewachsenen Heiligenkultes. Es sind dies grösstenteils frühchristliche Märtyrerinnen und Märtyrer, die in ihrer Heiligkeit für allerlei Nöte und Leiden angerufen werden.
Jeder Figur fällt eine bestimmte Zuständigkeit zu. Seien es Angst, Kopfschmerzen, Zungenleiden, Tierseuchen oder weitere Sorgenherde. Die 11 Männer und 3 Frauen vermitteln eine Idee davon, was die Menschen des Mittelalters im Alltag so beschäftigt hat. Im Immenseer Chorgemälde stellt Fritz Kunz die traditionellen 14 Nothelfer und Nothelferinnen mit ihren jeweiligen Attributen dar, im für ihn typischen Stil der späten Beuroner Schule, die sich am byzantinischen Kunststil orientiert und im ausgehenden 19. Jahrhundert in der süddeutschen Benediktinerabtei Beuron entwickelt worden ist.
Die 14 Heiligen treten hier als Fürbitter vor Gottvater in Erscheinung, doch ist ihr Blick nicht nach oben zu diesem hin gerichtet, sondern die meisten schauen aus dem Gemälde heraus und fixieren den Betrachter. Ihre Haltung wirkt mehrheitlich statisch und streng und erinnert an die Figurenmalerei frühchristlicher Basiliken.
Zu Füssen der Abgebildeten ist jeweils der Name vermerkt. Von links nach rechts sehen wir die heiligen Christophorus, Veit, Pantaleon, Achatius, Margareta, Barbara, Katharina, Dionysius, Cyriacus, Blasius, Georg, Erasmus, Ägydius und Eustachius. Sie allesamt sind von Fritz Kunz ausdrucksstark und farblich intensiv dargestellt. Abgesehen vom Chorfresko lieferte der Wahlzuger zudem die Gemälde der beiden Seitenaltäre plus eines für je eine Wandnische in den Seitenschiffen.
Allen Aposteln ist gemein, dass sie expressive Charaktertypen sind. Sie haben kantige, bis auf eine Ausnahme vollbärtige Gesichter. Carlen merkt an, der Gedanke sei nicht abwegig, dass Brandenberg seine Modelle für diese rustikalen Gesichter an den Stammtischen der örtlichen Wirtshäuser gefunden haben könnte. Auch eine gewisse Dynamik, evoziert durch die unterschiedlichen Haltungen und Blickrichtungen der Männer, stellt der Sachverständige im Gemäldezyklus fest. Ebenso würdigt er die vielfach gelungene Lichtführung sowie die alternierende kräftige Farbgebung der Gewänder.
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