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Das Inbild vollkommener Reue

Aktualisiert: 14. Dez. 2023

(Artikel aus der "Zuger Zeitung" vom 23. März 2018 von Andreas Faessler)

Zur Rechten Jesu hängt der «gute Schächer» Dismas am Kreuz, sein Haupt dem Erlöser zugewandt. Der reulose Schächer Gestas hingegen rückt aus der Szene. Deckenfresko von Josef Heimgartner in der Pfarr- kirche St. Nikolaus in Lauerz SZ.
Zur Rechten Jesu hängt der «gute Schächer» Dismas am Kreuz, sein Haupt dem Erlöser zugewandt. Der reulose Schächer Gestas hingegen rückt aus der Szene. Deckenfresko von Josef Heimgartner in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Lauerz SZ.

In den Darstellungen von Christi Kreuzigung finden wir sie eher selten, die beiden Männer, welche auf Golgatha an der Seite von Jesus ebenfalls den Tod fanden. Alte religiöse Schriften wie die «Pilatusakten» des Nikodemus­evangeliums wollen wissen, dass sie Dismas und Gestas hiessen. In biblischen Texten hingegen werden ihre Namen nicht ge­nannt, sie werden als «Schä­cher» respektive Verbrecher bezeichnet und finden nur kurze Erwähnung. Einzig der Evangelist Lukas notiert etwas aus­führlicher. Er beschreibt, wie der Verbrecher zur Linken Jesu (Gestas) am Kreuze hängend diesen verspottet, während derje­nige zur Rechten Jesu (Dis­mas) seinen Lebenswan­ del bereut und sich zum Glauben an Christus, den Sohn Gottes, bekennt. Nach Lukas bittet Dismas Jesus, er möge an ihn den­ken, wenn er in sein Reich heimkehre. Jesus verspricht ihm, er werde «noch heute mit ihm im Paradies sein». Die orthodoxe Kirche gedenkt am 23. März des «gu­ten Schächers» Dismas – er wird vor allem im Osten als Inbild vollumfänglicher Reue angese­hen.


Für die katholische Kirche gilt der 25. März als Gedenktag. Die kultische Vereh­rung von Dismas ist im Westen erst seit dem Mittelalter be­kannt, im Osten setzte sie be­reits viel früher ein. Biografisch ist über Dismas kaum Handfes­tes verbürgt. Die kirchliche Auf­fassung geht vornehmlich dahin, dass er Heide war und ein ent­sprechend gottloses Leben ge­ führt hat. Raub, Mord und Dieb­stahl dürften zu seiner Tages­ordnung gehört haben. Eine ähnliche Laufbahn wird Gestas zugeschrieben. Eine arabische Schrift aus dem 6. Jahrhundert erwähnt Dismas als denjenigen, welcher der heiligen Familie auf ihrer Flucht nach Ägypten Obdach gewährt hat. Dismas und Gestas wur­den in Jerusalem gefangen genommen und gemeinsam mit einem dritten Verbre­cher, Barabbas, sowie mit Jesus in den Kerker gewor­fen. Das Urteil für Dismas und Gestas lautete auf den Kreuzestod – neben Jesus. Was folglich mit der Gesinnung Dismas’ wäh­rend der Kreuzigung ge­schah, ist für Gläubige von starker Symbolkraft. Als er Zeuge wurde, wie Jesus trotz unendlicher Qualen für seine Peiniger betete und ihnen vergab, erkannte er in ihm den Herrn, fand innerhalb eines Augenblickes und kurz vor seinem Tod zum Glauben und zu vollkommener Reue (uns geschieht recht, wir empfangen, was unsere Taten verdienen, Lk 23,41). Dismas wurde noch am Kreuz vom Verbrecher zum Be­kehrten, zum Heiligen. Obschon es seitens Kirche nie eine offizielle Kanonisierung gab, wird der «gute Schächer» wie ein Heiliger verehrt und entspre­chend bezeichnet. Ikonografisch fallen Dismas jedoch weder Attri­bute noch sonstige Erkennungs­zeichen zu. Seine Abbildung be­schränkt sich denn auch weitest­gehend auf die Kreuzigungsszene, in der Ostkirche wird er gelegent­lich an der Seite Jesu dargestellt bei dessen Abstieg in die Unter­welt. Vereinzelt ist auf Auferste­hungsikonen zu erkennen, wie ein Engel Dismas’ Seele in den Himmel geleitet.


Ans Kreuz gefesselt In der Kreuzigungsszene ist Dis­mas’ Haupt grundsätzlich Jesus zugewandt, während der reulose Schächer Gestas seinen Blick vom Heiland abwendet. Oft er­ scheint Dismas zudem in hellem Licht, Gestas hingegen liegt im Dunkel. Den beiden Verbre­chern ist auf Darstellungen gemeinsam, dass sie nur oder zusätzlich mittels Fesseln am Kreuz befestigt sind – gelegent­lich weisen die Kreuze der Schä­cher eine T-Form auf. Dismas soll später nach Zypern gelangt sein, wo dem Heiligen bis heute eine beson­dere Verehrung zuteil wird. In der westlichen Kirche findet Dismas nur selten namentliche Erwähnung. Sein Patrozinium ist so gut wie inexistent, man be­gegnet ihm hauptsächlich in der darstellenden Kunst – in Form von bildlichen Kreuzigungsgrup­pen oder in plastischer Form auf Kalvarienbergen. Unser hier beschriebenes Gemälde ist das Deckenfresko in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Lauerz, Kanton Schwyz. Es stammt vom Maler Josef Heimgartner (1868-1939) und entspricht genau der beschriebenen Situation. Heimgarter zeichnete verantwortlich für die künstlerische Ausstattung zahlreicher Kirchen und Kapellen. Auch wurde er oft als Sachverständiger für Restaurationen herangezogen.

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